Jeder ist musikalisch!
Musikverständnis wider Willen
Im Gehirn spielt die Musik!
Das Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung meldet:
"Du bist nicht musikalisch." -
falsch. Denn Wissenschaftler am Leipziger Max-Planck-Institut für
Neuropsychologische Forschung kommen bei ihren neusten Forschungen zu
dem Ergebnis, dass jeder Mensch in gewisser Weise musikalisch ist.
Herausgefunden hat diese Tatsache das Forscherteam um Psychologe Dr. Stefan
Koelsch. Er ergründet nun, wo und wie Musik im Gehirn aufgenommen
und verarbeitet wird. Bei Hunderten von musikhörenden Probanden studierten
die Wissenschaftler die Aktivität des Gehirns mit dem Credo: "Jeder
Mensch ist musikalisch." Erklingt bei einer musikalischen Darbietung
ein falscher Ton, lässt dies meist nur Kenner zusammenzucken.
Dem Laien in Sachen Musik oder gar einem
Menschen, der sich als unmusikalisch bezeichnet, entgeht so eine Kleinigkeit.
Dies gilt jedoch nur für sein Bewusstsein. Auch das Gehirn des Laien
erkennt falsche Töne oder unmelodische Akkorde unbewusst und automatisch.
Denn jeder Mensch verfügt über ein musikalisches Grundwissen.
Was so einfach klingt, ist ein aufwendiger
Prozess. Denn das Gehirn ist ein komplexer Organismus. In jedem Kubikmillimeter
drängen sich etwa 40.000 Nervenzellen, wovon jede mit Tausenden weiteren
verschaltet ist. Die permanente Aktivität dieser Zellen erzeugt ein
elektrisches Dauerfeuer. Dieses Grundrauschen des Gehirns verursachen
Störungen und muss vor der Interpretation der Messreihen herausgefiltert
werden. "Damit wir uns einen Reim auf diese Aktivitäten machen
können" sagt Dr. Stefan Koelsch, "ist es so, dass wir das,
was ins Gehirn durch die Sinnesorgane reinkommt, experimentell manipulieren
und gucken, was im Gehirn passiert. Wie sehen die Potenziale aus, die
wir außerhalb des Gehirns abgreifen können?"
Ausgestattet
mit Sechzig sensiblen Kopfelektroden tauchen die Testpersonen in die Welt
von Dur und Moll ab. Der daran angeschlossene Computer misst die elektrischen
Impulse, die die Nervenzellen im Gehirn produzieren. In einer schalldichten
Kabine weiß der Proband während des Experiments nicht, worauf
er seine Aufmerksamkeit lenken soll. Ihm werden Akkorde von Bach bis Beethoven
vorgespielt, Dur- und Mollklänge, Melodien und Tonfolgen, die irgendwann
eine unauffällige Besonderheit aufweisen. Eingefügt sind Instrumentenwechsel
oder einen Akkord, der aus einer anderen Tonart stammt.
Wie in einem Buch lesen die Forscher am Ende
des Experiments in den Messkurven. Mit dem Ergebnis, dass die falschen
Töne anders verarbeitet werden als die richtigen. Ob ein Berufsmusiker
oder ein musikalischer Laie in der Testkabine saß, spielte dabei
keine Rolle. In weiteren Experimenten versuchen die Wissenschaftler nun
herauszufinden, wo Musik im menschlichen Hirn verarbeitet wird.
Mit Hilfe eines Magnet-Enzophalographen werden
die aus den Hirnströmen resultierenden, verschwindend kleinen magnetischen
Felder gemessen. Bei ihren Untersuchungen machten die Forscher eine wichtige
Entdeckung. Das neuronale Sprachnetzwerk im Gehirn lässt sich mit
Hilfe von Musik anregen. Den praktischen Nutzen ihrer Forschung verlieren
die Wissenschaftler nicht aus den Augen.
"Musik wird oft im Rahmen der Sprachtherapie
bei Kindern eingesetzt. Daher ist es vorstellbar, dass wir bald Musik
so schreiben können, dass Ereignisse darin vorkommen, die ganz speziell
bestimmte Strukturen im Gehirn trainieren können. Das kann für
die Therapie von Sprachentwicklungsstörungen von hohem Nutzen sein",
erklärt Dr. Koelsch den Hintergrund seiner Untersuchungen.
Das nächste Forschungsziel der Leipziger
Wissenschaftler ist hochgesteckt. Sie wollen ihre Experimente ausweiten
und in den nächsten Jahren messen, wie Musik und Emotionen zusammenhängen.
Dann kommen wir dem Geheimnis wie Rhythmen und Melodien die menschliche
Psyche, seit der Erfindung der Trommel beeinflusst haben, näher.
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